Der Dienst an Bord

Das größte deutsche Feuerschiff ELBE 1 BÜRGERMEISTER O´SWALD II
hatte bei seiner Indienststellung am 7. November 1948 eine Gesamtbesatzung von 27 Männern. Diese vollzogen ihren Dienst in drei “Schichten” zu je 9 Mann. Zwei Schichten (also 18 Besatzungsmitglieder) führten den Dienst auf See durch. Eine Schicht (9 Mann) befand sich für eine Woche im “Freitörn” an Land. Nach Ablauf dieses Törns ging sie mit einem Ablöseschiff wieder in See und löste jene 9 Männer ab, die inzwischen ihren zweiwöchigen Seetörn absolviert hatten. Dieser Wechsel vollzog sich fortan wöchentlich und zwar für die Besatzungen aller drei ELBE-Feuerschiffe (solange sie noch auf Station waren).

Das Ablöseschiff war gewöhnlich ein Tonnenleger oder ein anderes Schiff vom WSA. Bei ruhigem Wetter ging es längsseits des Feuerschiffes, was die Übernahme der Proviantkisten und des Mannschaftsgepäcks natürlich erleichterte. Dabei wurde (sehr zur Begeisterung der Männer) auch häufig die Gelegenheit genutzt, die Frischwasser- oder Treibstoffbestände aufzufüllen. Besonders für ELBE 1, wobei natürlich ggf. auch die inneren Stationen – die wegen möglicher Wetterverschlechterung erst auf dem Rückweg bedient wurden – warten mussten, wenn nicht die Lotsendampfer (damals noch unter der Regie vom WSA) auch gerade ausgewechselt wurden. Die Zeiten solcher Verzögerungen gingen dann voll von der Freizeit im Landtörn ab. Bei rauher See war solches nicht möglich.

Dann wurde auf ELBE 1 das Motorboot in Lee ausgesetzt, um im “Pendelverkehr” alles überzusetzen. Aber auch das hatte Grenzen. “Rassmus” verstand sich gut darauf, es immer gerade zu den Ablösetagen gehörig aufbriesen zu lassen. Dann stand draußen bei ELBE 1 schnell eine See, die eine normale Ablösung verhinderte – das hiess, die bevorstehende Ablösung fiel buchstäblich ins Wasser. Die Männer mussten an Bord bleiben. Solch Übersitzen dauerte nicht selten 3 bis 4 Tage und die gingen ersatzlos vom Freitörn ab. Ohnehin gingen von diesem ja auch die beiden Ablösetage ab. Das bedeutete zur damaligen Zeit (2 Wochen See / 1 Woche Land minus 2 Ablösetage, abzüglich 2 Übersitztage, blieben nur noch 3 Tage zu Hause. Übrigens wurden die Übersitzzeiten weder vergütet noch durch Urlaub oder andere Freizeit kompensiert.

Etwas erträglicher wurden diese Nachteile als 1949 der neue Tarifvertrag 2 Wochen See, 2 Wochen Land für die Feuerschiffsbesatzungen in Kraft trat. Übrigens der zur Ablösung ausgefahrene Törn durfte nicht wieder an Land zurückkehren, sondern wurde auf dem Lotsendampfer deponiert und wurde dort zwar kameradschaftlich verpflegt, hatte dort aber an Bord keine Schlafgelegenheit, es sei denn die Lotsen erlaubten eine Übernachtung in ihren “Gemächern”.

Das Foto zeigt 2/3 der Männer der ersten Decks-Crew des Feuerschiffes kurz nach der Indienstellung 1948:

v. l. 2. Bootsmann Jacob Rang, die Matrosen August Meyer, Gerd Heynes, Max Riemer, Willy Romeike und Willi Wulff, dahinter stehend Schiffszimmermann Otto Prieß, heute Ehrenvorsitzender des Feuerschiff-Verein ELBE 1 von 2001 e.V.

Das Foto machte der damalige Funker Heinrich Fischer. Es entstand auf dem achteren Bootsdeck, auf dem seinerzeit noch 2 Ruderrettungsboote standen, am Skylight der Mannschaftsmesse (heute Schanktresen).

Verständlicherweise setzte sich ein Seetörn aus verschiedenen Fachrichtungen zusammen. Diese hatten, neben ihrem see-männischen Arbeitseinsatz, vor allem den Wachdienst auf der Brücke rund um die Uhr zu gewährleisten. Dazu war jeder von ihnen im Signaldienst ausgebildet und beherr-schte das Morsealphabet. Eine Brückenwache dauerte (tags oder nachts) 2 Stunden. Insgesamt betrug die tägliche Arbeitszeit pro Person 8 Stunden.

Die Häfte dieser Zeit im Wachdienst auf der Brücke, die andere Hälfte mit Unterhaltungsarbeiten am Schiff. Der Anteil der seemännischen Besatzungsmitglieder (einschl. 2 Bootsmänner und 1 Zimmermann) an der Gesamtbesatzungsstärke betrug bereits 10 Männer. Rechnet man den Stammkapitän (ein weiterer Kapitän pendelte als wöchent-licher “Ablöser” zwischen ELBE 2 und ELBE 1) und den technischen Teil der Besatzung (2 leitende Maschinisten, 3 Wach-maschinisten, 2 Elektriker, 3 Motorenwärter) sowie 4 Funker, 2 Köche, einen Steward dazu, so kommt man auf die Zahl der 27 Gesamt-Besatzungsmitglieder.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass diese von den damals geltenden Arbeitszeitbestimmungen abhing. (Hinweis: Den Besatzungsmitgliedern stand niemals ein Jahresurlaub zu. Der wurde mit dem Freitörn an Land verrechnet. In “grauer Vorzeit” mussten die Feuerschiffsleute während ihres Landtörns sogar noch Arbeitsleistungen auf dem Bau- und Tonnenhof erbringen).

1959, endlich, konnten durch einen neuen Tarifvertrag und eine überarbeitete Schiffbesetzungsverordnung diese Bedingungen geändert werden. Fortan wurde die Gesamtbesatzung in zwei gleiche Teil geteilt, die jeweils 14 Tage im Seetörn und 14 Tage im Freitörn war. Dies galt fortan für alle noch benötigten deutschen Feuerschiffsbesatzungen und für ELBE 1 bis zur Außerdienststellung des Schiffes 1988.